Donnerstag, 16. Oktober 2014

Kontrastprogramm

Heute will ich mich weniger meinen Erlebnissen, der vergangenen Woche widmen, sondern einfach ein bisschen über die piuranische Realität erzählen.

Die Fotos oben sind alle heute auf meinem Weg zur Arbeit entstanden. Allein auf diesem 25 minütigen Weg erlebe und sehe ich jeden Tag wieder so viele Gegensätze, dass es kaum zu glauben ist. Die Route startet in Miraflores/Castilla. Ich gehe vorbei an Häusern mit hohen Mauern, elektronischen Sicherheitszäunen, automatisch öffnenden Toren und großen Jeeps. Die Straßen sind gesäumt von Palmen, Hibisken und Pinien. Die Wiese vor jedem Haus strahlt mich saftig grün an. Es ist keine Spur von losem Müll zu entdecken. Aller fünf Minuten läuft man an einem gepflegten Park vorbei. Doch plötzlich sehe ich wie eine Mutter mit Kind in den Mülltüten eines Hauses sucht, wie ein Gemüsehändler angestrengt seinen Wagen schiebt und sein Sortiment ausruft und wie ein Mann in schäbiger Kleidung im Park schläft.

Über die Hängebrücke komme ich auf die andere Seite des Flusses und damit nach Piura/Piura. Der Fluss ist blau, doch der Schein trügt. Am Rand liegen Berge von Müll und im Wasser entdeckt man Fahrradreifen. Trotzdem suchen Reiher und Kühe ihre Nahrung. In der Ferne sieht man die Palmen eines Golfplatzes und auf der anderen Seite den Umriss des „Open Plaza“. Ein riesiges, mit glänzenden Fliesen ausgelegtes Einkaufszentrum mit „Pizza Hut“, „Starbucks“, „Adidas“, „Ecco“, „Cat“ und einem großen Kaufland.

Auf dem anderen Flussufer angekommen, folgt der Weg 15 min einer Hauptstraße. Das Hupen der Mototaxis, Taxis und Motos übertönt jedes andere mögliche Geräusch. In den Autoschlangen an der Ampel stehen fast außereinanderfallende Taxis neben riesige Jeeps von „Toyota“ und weiter hinten versucht ein Mann, der auf der Treppe eines Busses steht, die Geräuschkulisse zu übertönen und Menschen zum Einsteigen zu bringen. Vorbei an zwei Schulen, unzähligen Imbissen, Kopierläden und Fotografen bis der Markt in Reichweite kommt. Menschen verkaufen 50kg Reis- und Zuckersäcke. Stände mit Ceviche, Säften, Gebäck, Obst, Gemüse befinden sich neben wartenden Mototaxis. Ist die Straße endlich überquert taucht ein bis zur Decke mit Wassermelone gefüllter Laden auf. Darauf folgt die Eingangspforte einer Kirche und dann riecht es bald nach Motoröl und Schmiere der Mototaxiwerkstätten. Plötzlich erscheint eine Tür in einer Steinmauer. Ich klingle und Florencio, der Türwärter öffnet mit aller Freude. Vor mir liegt ein farbenfroher Hof mit Wiese, Sportplatz und schönen Klassenzimmern - Manitos Trabajando. Es schallt „Tren del cielo“ aus dem Musikzimmer und alles scheint glücklich und friedlich, wären da nicht Kinder:

·         Die in vielen Fällen häusliche Gewalt erfahren.

·         Die oft kein fließendes Wasser zu Hause besitzen.

·         Die öfter in der Schule fehlen.

·         Die selbst schon hart auf dem Markt oder zu Hause arbeiten.

Diese Realität vergesse ich manchmal, wenn ich die Kinder glücklich spielen sehe. Umso schneller ist sie aber wieder präsent, wenn Kinder nicht lesen, schreiben oder rechnen können und sich statt dessen auf dem Hof prügeln.

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