Wie jeden Samstag fuhren wir auch vergangenes Wochenende nach La Tortuga. Diesmal mit besonderen Materialien im Gepäck: Unmengen an Wolle und Ringen aus Pappe. Meine Mitfreiwillige Julia und ich bastelten an diesem Tag mit den Kindern einen Tramfänger. Bevor wir allerdings anfingen den Traumfänger mit den Kindern zu erstellen, war es nötig einmal ein paar generelle Regeln für die Ludoteca aufzustellen. An den vergangenen Wochenenden viel uns auf, dass mit den Spielsachen nicht verantwortungsbewusst umgegangen wurde, dass der Raum mit den Spielsachen ein einziges Chaos war, dass die Kinder Früchte mitbrachten und die Reste einfach in der Ludoteca verstreuten und dass selten alle Kinder pünktlich um drei Uhr nachmittags erschienen. In einem Dorf wie La Tortuga sind Werte wie Respekt, Ordnung, Pünktlichkeit und Verantwortung oftmals unbeachtet, da es eine Welt für sich ist. Die Kinder spazieren sobald sie laufen können allein durch die Straßen. Meist haben sie einen Solcito in der Hand und können damit am Kiosk eine kleine Süßigkeit kaufen. Ab sieben Jahren ungefähr dürfen zumindest die Jungs Mototaxi zum Strand fahren und die Mädchen helfen dann zu Hause beim Kochen oder Putzen. Und wenn heute das Gas alle wird, dann wird in Tortuga gewartet bis der Gashändler zufällig vor der Haustür langfährt. Solang hat die ganze Familie dann kein Essen. Und eine Uhr besitzt in La Tortuga sowieso niemand.
Für den einen Nachmittag an dem wir mit den Kindern den Traumfänger bastelten erging es uns ganz gut mit den aufgestellten Regeln. Die Kinder sagten "Bitte." und "Danke.". Es herrschte ein angenehmes Arbeitsklima. Am Ende halfen alle die Ludoteca wieder aufzuräumen. An diesem Samstag kamen die ersten Kinder allerdings wieder erst um halb vier. Ein mittelmäßiger Erfolg also. Der Traum von der Pünktlichkeit entwischt dem Traumfänger immer noch.
Außerdem war ich in der letzten Woche auch wieder jeden Morgen in der Psychiatrie und half bei der Therapie. Am Mittwoch, Donnerstag und Freitag hatte die Lehrerin allerdings eine Versammlung, sodass ich mit Julia bzw. Linus die Therapie allein geschmissen hab. Am Mittwoch improvisierten Julia und ich einfach den kompletten Sportunterricht und später kam dann eine andere Lehrerin mit ihren Patienten um gemeinsam ein Theater über San Juan de Dios, den Heiligen der Einrichtung, einzustudieren. Donnerstag führten Linus und ich eine Aktivität aus der Ludoteca mit den Patienten durch: In ein Herz sollte jeder die Dingen zeichnen oder schreiben, die er besonders liebt. Die Patienten zeichneten Essen, Familie, Freunde, Porsche, Musik und vieles mehr. Am Ende wertete Linus mit ihnen die Aktivität aus und alle, die wollten konnten über den Inhalt des Herzes sprechen. Auch an diesem Tag stand wieder das Theater an, nur dass die Lehrerin diesmal nicht kam, dafür aber ihre Patienten. Also habe ich das Theater einfach allein mit ihnen geprobt. Am Freitag ließen wir die Patienten mit den restlichen Materialien aus La Tortuga einen Traumfänger basteln. Die Probe des Theaterstücks durfte natürlich auch wieder ich übernehmen. Nie im Leben hätte ich es mir zugetraut mit den Patienten allein zu sein. Rückblickend muss ich sagen hat es bis auf ein paar Zwischenfälle gut geklappt und es hat mir auch viel Spaß bereitet. Leider war Freitag vorerst unser letzter Tag in der Psychiatrie, da ab dieser Woche wieder drei Lehrerinnen da sind.
Ich habe jedenfalls erst einmal genug Traumfänger, die meine guten Träume speichern.
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